Faktencheck Brennen E-Autos wirklich öfter als Diesel und Benziner?

Erst kürzlich musste Audi sein erstes Elektroauto, den e-Tron, zurückrufen. Der Grund: mögliche Brandgefahr. Quelle: PR

E-Autos sorgen für erhitzte Debatten, auch unter den Lesern der WirtschaftsWoche. Eine immer wieder geäußerte Kritik besagt, dass Elektroautos leichter in Flammen aufgehen. Aber stimmt das auch? Der Faktencheck.

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Vor zwei Jahren machte ein kurzes, unscharfes Video eines brennenden Tesla weltweit im Netz die Runde: Ohne erkennbare Fremdeinwirkung hatte der parkende Wagen in einer Hongkonger Tiefgarage plötzlich Feuer gefangen. Seitdem tauchen immer wieder Bilder und Nachrichten über brennende Elektroautos auf und versetzen ganz Autodeutschland in Hysterie.

Weltweite mediale Aufmerksamkeit ist diesen Fällen gewiss; da nutzt der Hinweis wenig, dass statistisch gesehen täglich allein in Deutschland 110 Autos mit herkömmlichem Antrieb brennen. „E-Autos sind das Neue, das wird immer besonders aufmerksam und kritisch unter die Lupe genommen“, schreiben die skandinavischen Forscher Roeland Bisschop, Ola Willstrand, Francine Amon und Max Rosengren, im Abstract ihrer aktuellen Studie, in der sie erstmals die Brandgefahr durch Elektroautos im Auftrag der staatlichen schwedischen Forschungsgesellschaft RISE untersucht haben.

Wie gefährlich ist die Lithium-Batterie?

Die Schlüsselrolle bei der Frage, ob E-Autos signifikant brandgefährlicher sind als Autos mit Verbrennungsmotor, spielt die Batterie, also der Lithium-Ionen-Akku. Zwar gibt es teils in Bussen oder Nutzfahrzeugen auch vereinzelt noch andere Batterietechniken, doch 99,9 Prozent der elektro-Pkw, Hybride und der weit überwiegende Teil der elektrischen Nutzfahrzeuge fahren mit der Lithium-Ionen-Batterie.

Theoretisch stellt die dort gespeicherte Energie eine Brandgefahr dar, genauso wie ein Benzintank. Sie kann sich durch äußere Einflüsse – wie Verformung durch Unfälle - ebenso entzünden, wie (und das ist das Beängstigende) von innen heraus, aus der Zelle selbst.

Die Lithium-Ionen-Zelle besteht (neben der Hülle) aus vier wesentlichen Bauteilen: Anode (Pluspol), Kathode (Minuspol), Seperator und Elektrolyt. Außer im Seperator kann theoretisch in jedem Bauteil ein Brand entstehen. Im Fokus der Ursachenfoschung bei Bränden steht meist der Elektrolyt. Er sorgt dafür, dass die geladenen Lithium-Teilchen vom Plus- zum Minuspol wandern können, und retour, und so den Strom beim Aufladen speichern und beim Fahren abgeben. In der aktuellen Li-Ionen-Technik ist der Elektrolyt immer flüssig und aus tendenziell brennbarem Material. Mit diverse Zusätzen wie Flammhemmern versuchen die Hersteller, die Gefahr zu minimieren. Bei Unfällen kann der Elektrolyt auslaufen, wenn der Akku so stark beschädigt wird, dass die Hüllen der einzelnen Zellen brechen. In beschädigten Zellen kann der normalerweise durch den Seperator getrennte Plus- mit dem Minuspol in Verbindung kommen und so Kurzschlüsse verursachen. Kurzschlüsse sind die häufigste Ursache für Brände ohne äußere Einwirkungen in der Lithium-Batterie.

Sicherheitsprobleme können grundsätzlich auf drei Arten entstehen“, erklärt Martin Winter, renommierter Batterieforscher am Helmholtz-Institut des Forschungszentrums Jülich und am MEET Batterieforschungszentrum der Uni Münster. „Durch mechanische Einwirkungen, etwa bei einem Crash; elektrisch, etwa durch Überladen, und thermisch, also durch zu viel Hitze oder große Kälte.“ Moderne E-Autos verfügen über eine Reihe von Schutzmechanismen, um alle drei Ursachen so gut wie möglich auszuschalten.

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