Vor WM-Finale heute gegen Frankreich: Warum Kroatien eigentlich längst Weltmeister ist

Von: Von SVEN KUSCHEL

Die ganze Sportwelt schaut auf das große WM-Finale zwischen Frankreich und Kroatien. Nach vier Jahren wird die deutsche Elf heute Abend vom amtierenden Weltmeister zum Ex. Aber was wäre eigentlich, wenn...

Was wäre, wenn Fußball so wie Boxen wäre und der Weltmeister-Pokal (oder Gürtel) nicht im Vier-Jahres-Rhythmus ausgespielt werden würde, sondern jeweils an den siegreichen Herausforderer des aktuellen Champions gehen würde? Das Ergebnis überrascht und ist vielleicht schon ein Omen für die letzte Partie der WM.

Wenn Ihnen vorm Endspiel heute langweilig ist, lesen Sie mal den exakten Weg, den der Weltpokal seit dem deutschen Sieg in Rio im Herausforderer-Modus genommen hätte. Das Ergebnis ist auf jeden Fall eine Überraschung. Oder ein Omen…?

So viel vorweg: Der Weltmeister käme nach dieser Rechnung auch aus Europa. Auch wenn sich in den letzten Jahren sehr viele Südamerikaner die Trophäe immer wieder weiter gereicht hätten.

Zum Modus: Bei Unentschieden (in Freundschafts- oder Turnierspielen) behält der amtierende Titelträger seinen Status. Bei Sieg nach Elfmeterschießen in offiziellen Turnieren, wird der Cup an den jeweiligen Gewinner weitergereicht.

So sähe der Weg zum heutigen Abend aus

Nach dem Sieg im WM-Finale 2014 traf die DFB-Elf im ersten offiziellen Nationalmannschaftskick nach Rio am 3. September auf Argentinien.

Und hätte damit den Titel ziemlich sang- und klanglos im Revanche-Match verloren. 4:2 für Messi und Co..

Eine kurze Freude. Denn schon am 11. Oktober verlieren die Argentinier mit 0:2 gegen Brasilien.

Die Selecao verteidigt den Titel 2014 dann gegen Japan, die Türkei und Österreich im Jahr 2014 noch dreimal.

2015 geht es gegen Frankreich Chile, Mexiko und Peru gut weiter.

Doch am 18. Juni ist Feierabend. Kolumbien wird mit einem 1:0-Sieg bei der Copa America "Weltmeister", verteidigt den Titel einmal gegen Peru und verliert ihn im Viertelfinale dann nach Elfemeterschießen mit 4:5 gegen Argentinien.

Mit 6:1 fegen die Gauchos Paraguay im Halbfinale weg, müssen sich dann aber mit einer bitteren 1:4-Niederlage nach Elferschießen im Finale gegen Chile wieder vom Thron verabschieden.

Gegen Paraguay, Brasilien, Peru und Kolumbien verteidigen die Chilenen das Ding viermal.

Doch am 18. November kürt sich Uruguay mit einem 3:0 zum neuen Champ und verteidigt den Titel bis Mitte 2016 gegen Brasilien, Peru und Trinidad & Tobago bis zum Spiel gegen Mexiko am 6. Juni (Endstand 1:3).

Gegen Jamaika und Venezuela klappt für die Mexikaner zweimal bei der Copa America die Verteidigung, dann gibt es gegen Chile eine fette 0:7-Klatsche im Viertelfinale.

Chile räumt danach Kolumbien und Argentinien auf dem Weg zum Copa-Titel weg und bleibt bis zum 2. September (1:2 gegen Paraguay) Weltmeister nach dieser Rechnung.

Eine Mini-Amtszeit von gerade einmal fünf Tagen. Denn Uruguay gewinnt am 7. September mit 4:0.

Vier Herausforderer werden von den Urus (Paraguay, Venezuela Kolumbien und Ecuador) überstanden. Dann ist wieder Chile da. Am 16. November holen sich Vidal und Co. mit einem 3:1 den Pokal zurück. Gegen Kroatien und Island behalten sie das Ding zweimal. Dann ist Argentinien nach einem 1:0 am 24. März 2017 wieder am Drücker. Zeit zum Feiern bleibt aber kaum. Nach Mini-Rekord-Zeit von vier Tagen geht der Cup nach einem 0:2 in der Südamerika-Quali an Bolivien in die Berge. Gegen den unterklassigen Sparringspartner Nicaragua wird er zweimal verteidigt.

Und dann kommt Peru. Und die haben einen langen Atem. Am 1. September 2017 siegen die Anden-Kicker 2:1 und sind Weltmeister - gefühlt zumindest.

Und mit dem Titel geht es sogar in die echte WM. Denn: Mit allem, was da ist, verteidigt Peru den Titel bis zur Meisterschaft in Russland Mitte 2018. Die glücklosen Herausforderer bis hierhin in zehn Spielen: Ecuador, Argentinien, Kolumbien, zweimal Neuseeland in den Play-Offs, gegen Kroatien, Island, Schottland, Saudi-Arabien und Schweden.

Erst im WM-Gruppenspiel gegen Dänemark am 16. Juni (0:1) ist die Peru-Ära beendet.

Mit ihren beiden Unentschieden gegen Australien und Frankreich bleiben die Dänen vier Jahre nach Deutschland als erstes europäisches Team die Weltmeister. Bis zur Achtelfinal-Niederlage gegen Kroatien nach Elfer-Krimi.

Ein Elfmeterschießen gegen Russland (Viertelfinale) und der Sieg nach Verlängerung gegen England (2:1, Halbfinale) macht Kroatien nach dieser Rechnung schon zum Weltmeister. Ob die Franzosen schon wissen, gegen wen sie da antreten...?

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