PFLANZEN: Vom Bakterium zur Blüte: Die Geschichte über die Entstehung der Pflanzen

Sie produzieren den Sauerstoff, den wir zum Leben brauchen. Sie sind unsere Nahrung. Ohne die Pflanzen gäbe es weder Mensch noch Tier. Doch wie sind sie geworden, was sie heute sind? Das ist eine lange, sehr lange Geschichte.

Text: Rolf App, Illustration: Elena Freydl
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Moose sind die auf dem Land lebenden Nachfahren der Grünalgen. (Bild: ARNO BALZARINI (KEYSTONE))

Moose sind die auf dem Land lebenden Nachfahren der Grünalgen. (Bild: ARNO BALZARINI (KEYSTONE))

Cyanobakterien

In den Anfängen ist die Erde wüst und leer, ihre Atmosphäre ein Gemisch aus Methan, Stickstoff und Kohlendioxid. Leben entsteht deshalb im Wasser in Form von Bakterien. Unter ihnen gehen die Cyanobakterien vor drei Milliarden Jahren ihren eigenen Weg: Sie nutzen das Sonnenlicht, um mittels Fotosynthese aus Kohlendioxid und Wasser Zucker herzustellen – und Sauerstoff.

Grünalge
Die Natur ist erfinderisch. Gern kombiniert sie, was schon da ist. Zu einem folgenreichen Zusammenschluss kommt es vor 1,8 Milliarden Jahren. Kleine Mikroorganismen nehmen Cyanobakterien in sich auf – und werden zu Grünalgen. Sie treiben im Meer und produzieren massenweise Sauerstoff. Er verändert die Atmosphäre der Erde, macht sie lebensfreundlicher.

Moos
In den oberen Schichten der Atmosphäre spaltet das Sonnenlicht den Sauerstoff auf, es entsteht Ozon, das die Erde vor Ultraviolettstrahlen schützt. Der Boden ist jetzt bereitet für den nächsten Schritt: Vor 480 Millionen Jahren wagen sich die Nachfahren der Grünalgen aufs Land, aus ihnen entstehen frühe Moose. Sie lernen, sich mit spezieller Beschichtung gegen das Austrocknen zu schützen.

Cooksonia
Möglicherweise hat sich schon im Meer eine andere folgenreiche Kooperation angebahnt – jene zwischen Pflanzen und Pilzen. Pilze ziehen Nährstoffe aus dem Untergrund, die Pflanze liefert ihnen Zucker. Vor 430 Millionen Jahren entwickelt Cooksonia Spaltöffnungen, die sie schliessen und sich gegen das Austrocknen schützen kann. Jetzt kann sie in die Höhe wachsen, der Sonne entgegen.

Nacktsamer
Der Kampf um einen Platz an der Sonne ist hart. Ineinander verzahnte Moleküle geben den nach oben strebenden Pflanzen Halt. Zunächst vermehren sie sich, indem sie Sporen ausstreuen. Dann, vor 385 Millionen Jahren, entstehen mit den ersten Nacktsamern Pflanzen, die genetisch unterschiedliche Typen ausbilden. Mit Hilfe von Lignin bilden sie stabile Stämme und werden baumgross.

Bedecktsamer
Gegenüber der ursprünglichen Ausbreitung über Sporen hat die Fortpflanzung mittels Samen einen unbestreitbaren Vorteil. Weil Samen durch eine Schale geschützt und mit Nährgewebe ausgestattet sind, sind sie nicht mehr auf eine feuchte Umgebung angewiesen. Einen weiteren Schritt gehen vor 240 Millionen Jahren die Bedecktsamer. Sie schützen ihre Samenanlagen in Fruchtknoten.

Farne
Bedecktsamer nutzen zur Bestäubung ihrer Blüten und zur Weiterverbreitung Tiere wie Vögel und Insekten – und überflügeln so die Nacktsamer. Sie erobern auch neue Lebensräume und bereiten vor 80 Millionen Jahren den Boden für eine rasante Vermehrung der Farne. Es gibt sie schon seit rund 280 Millionen Jahren, jetzt aber geben die unverwüstlichen Pflanzen richtig Gas.

Blütenpflanzen
Auch eine andere Pflanzengruppe blüht im Wortsinn auf. Es sind vor 65 bis
50 Millionen Jahren die Blütenpflanzen. Mit bunten Kelchen locken sie Vögel und Insekten an, die an den Staubblättern klebende männliche Geschlechtszellen zu den weiblichen Geschlechtszellen im Stempel anderer Pflanzen tragen – und sich nicht mehr wie die Nacktsamer auf den Wind verlassen müssen.

Gräser
Auch Gräser sind Blütenpflanzen. Sie setzen sich vor neun Millionen Jahren durch und verdrängen in bestimmten Zonen die Wälder. Gräser ernähren Tier und Mensch. Alle Getreidesorten gehören zu den Gräsern. Dass sie so robust sind, verdanken sie der Tatsache, dass sie nicht an der Spitze, sondern am Wurzelansatz wachsen. Es macht ihnen deshalb nichts aus, wenn sie oben abgefressen werden.

Text: Rolf App, Illustration: Elena Freydl

Blütenpflanzen wachsen nicht an der Spitze, sondern am Wurzelansatz. Deshalb macht es nichts aus, wenn sie oben abgefressen werden. (Bild: MOHSSEN ASSANIMOGHADDAM (DPA))

Blütenpflanzen wachsen nicht an der Spitze, sondern am Wurzelansatz. Deshalb macht es nichts aus, wenn sie oben abgefressen werden. (Bild: MOHSSEN ASSANIMOGHADDAM (DPA))