Weihnachten ohne Klimapaket? Bund und Länder ringen um Kompromiss beim Klimaschutz

Umweltministerin Svenja Schulze präsentiert Deutschland auf der Uno-Klimakonferenz in Madrid als Antreiber im Klimaschutz. Wichtige Teile des Klimapakets sind jedoch noch nicht verabschiedet. Und ein neues Länder-Ranking sieht die Bundesrepublik nur im Mittelfeld.

Anja Stehle, Berlin
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Verhandeln über mehr Klimaschutz: Bundesumweltministerin Svenja Schulze bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Madrid.

Verhandeln über mehr Klimaschutz: Bundesumweltministerin Svenja Schulze bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Madrid.

J. J. Guillen / EPA

Sicher wäre Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) gerne nach Madrid gereist, nachdem das Klimapaket den Segen vom Bundestag und auch vom Bundesrat bekommen hat. Schliesslich präsentiert sich Deutschland auf internationaler Bühne gerne als Antreiber im Klimaschutz. So auch bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen: «Unser Klimaschutzprogramm ist ein massives Innovations-, Investitions- und Modernisierungsprogramm», sagte Schulze am Dienstag vor dem Plenum der Staats- und Regierungschefs aus fast 200 Ländern. In Madrid bereiten sie in diesen Tagen die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens vor. Deutschland erreiche sein Klimaziel für 2030, legte Schulze nach, und sei auf dem Weg, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Ob es so kommt, ist allerdings noch nicht sicher. Das Klimapaket, um das die Bundesregierung im Frühjahr und Sommer dieses Jahres heftig gerungen hatte, ist noch nicht vollständig verabschiedet. Von vier einzelnen Klimagesetzen sind drei bereits von Bundestag und Bundesrat beschlossen worden. Bei mehreren Steuervorhaben jedoch hatte die Länderkammer Ende November den Vermittlungsausschuss angerufen. Ein erstes Treffen des Vermittlungsausschusses am Montagabend brachte keine konkreten Ergebnisse. Eine Arbeitsgruppe soll bis Anfang kommender Woche eine Einigung zwischen Bund und Ländern erzielen.

Grüne wollen CO2-Preis nachverhandeln

Vielen Ländern geht es vor allem um eine gerechtere Verteilung von Einnahmen und Lasten. Sie fürchten Einnahmeausfälle von bis zu 2,5 Milliarden Euro, während der Bund gleichzeitig Einnahmen aus der CO2-Bepreisung habe. Unter anderem geht es um die Pendlerpauschale, eine Mehrwertsteuersenkung für Bahntickets im Fernverkehr und eine Förderung der energetischen Sanierung von Wohnhäusern. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte, niemand wolle faire Bahnpreise verhindern – aber man müsse noch über die Frage sprechen, welche Einnahmen wem zugutekämen.

Vor allem Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung dringen auch auf inhaltliche Nachbesserungen. Sie halten den geplanten CO2-Einstiegspreis für zu niedrig. Dieser soll von 2021 an zunächst 10 Euro pro Tonne betragen und in den Folgejahren steigen – dies ist bereits von Bundesrat und Bundestag beschlossen worden. Experten halten die Lenkungswirkung aber für zu gering. Ähnliche Signale kamen zuletzt auch von der neuen SPD-Führung.

Die beiden Verhandlungsführer der Länder und des Bundestags, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und der Unions-Fraktionsvize Hermann Gröhe (CDU), liessen am Montagabend offen, ob der Preis nochmals nachverhandelt wird. Allerdings: Die Grünen regieren in 10 von 16 Ländern mit. Damit eine Einigung gelingt, müssen sie an Bord geholt werden. Kann sich eine Landesregierung nicht auf eine Position einigen, muss sie sich im Bundesrat enthalten – was einem Nein gleichkommt. Am Dienstag deutete der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter an, möglichst schnell eine Einigung erzielen zu wollen, «damit wir bei der Gebäudesanierung und bei der Absenkung der Mehrwertsteuer für Bahntickets zu schnellen Lösungen kommen».

Deutschland liegt beim Klimaschutz im Mittelfeld

Auch nach der Verabschiedung des Klimapakets dürfte Deutschland im internationalen Vergleich beim Klimaschutz weiterhin im Mittelfeld verharren. Bei dem am Dienstag in Madrid vorgestellten globalen Klimaschutz-Index der Organisation Germanwatch und des NewClimate Institute landete Deutschland unter 57 untersuchten Staaten auf Platz 23. In der leichten Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr (27) sind laut Germanwatch bereits das Klimapaket und der Kompromiss zum Ausstieg aus der Kohleenergie berücksichtigt. Das bestplatzierte Land in dem Ranking ist erneut Schweden, vor Dänemark.

Um den vom Klimawandel betroffenen Ländern zu helfen, sagte Schulze zudem einen Beitrag von 30 Millionen Euro für den Anpassungsfonds der Vereinten Nationen zu, im Vorjahr waren es 70 Millionen. Der Fonds bezahlt etwa Massnahmen zum Hochwasserschutz oder die Umstellung auf neue Methoden in der Landwirtschaft, die durch den Klimawandel verstärkten Wetterextremen wie Starkregen standhalten können.

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