Geheimnisumwitterte Weltraum-Lauscher

In den 1970er Jahren galt die Satelliten-Bodenstation von Brentjong bei Leuk als technisches Wunderwerk. Nach dem Verkauf an eine US-Unternehmung wurde der Verdacht laut, sie diene der Spionage.

Luzius Theler, Leuk Stadt
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In der Gemeinde Leuk sind die Bedenken ob der nachrichtendienstlichen Aktivitäten gering. (Bild: Gaetan Bally / Keystone)

In der Gemeinde Leuk sind die Bedenken ob der nachrichtendienstlichen Aktivitäten gering. (Bild: Gaetan Bally / Keystone)

Das wabenförmige, eingeschossige Stationsgebäude mit dem stützenlosen Innenraum und die riesigen, runden Parabolantennen von Brentjong bei Leuk galten lange Zeit als architektonisches Kleinod. Die Architekten Heidi und Peter Wenger hatten auf der sanft geneigten Geländeterrasse an der rechten Flanke des Rhonetales zwischen 1972 und 1973 im Auftrag der PTT eine Anlage erbaut, die sich trotz ihren imposanten Ausmassen erstaunlich gut in die Umgebung einpasste und gleichzeitig futuristisch-elegant wirkte.

Im März 2000 vollzog die Betreiberin Swisscom den Ausstieg aus dem Geschäft mit der Satellitenkommunikation. Das Unternehmen setzte künftig auf Übertragungsmedien wie Hochleistungs-Seekabel oder auf den Einkauf von Satelliten-Dienstleistungen bei anderen, ausländischen Anbietern. Die Bodenstation ging an die US-Unternehmung Verestar. Einer Tochterfirma der Käuferin wurden in der Folge immer wieder enge Verbindungen zum amerikanischen Geheimdienst nachgesagt. Damit hätte sich Verestar in Leuk allerdings in passender Gesellschaft befunden: In derselben Bodenstation betreibt das Schweizer Aufklärungs- und Abhörsystem Onyx des Nachrichtendienstes seine Lausch-Antennen. Schon im Vorfeld des Verkaufes an Verestar äusserten Sicherheitspolitiker wie Altnationalrat Paul Günter (sp., Bern) als Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission Bedenken. Er stellte 1999 den damaligen VBS-Verantwortlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Austausch der abgefangenen Daten mit ausländischen Geheimdiensten. Ihm und anderen Anfragestellern wurde versichert, die Anlagen der Armee seien gegenüber jenen von Verestar hermetisch abgeschottet; es bestünden keinerlei Verbindungen. Gleichzeitig verwiesen die Betreiber und der Bundesrat auf die wichtigen zivilen Zwecke der Satelliten-Ohren.

Nachdem Verestar in finanzielle Kalamitäten geraten war, ging die Satellitenstation an die Firma Signalhorn mit Sitz in Deutschland. Sie bietet besondere Kommunikationsleistungen an, und zwar laut Website «verlässlich und sicher überall auf der Welt». Neben der Hochsee-Schifffahrt gehören Offshore-Plattformen, aber auch Armeen zu den Kunden. Signalhorn bietet laut eigenen Angaben «Kommunikationslösungen unter besonders herausfordernden Konditionen» an.

Offensichtlicher Zweck

Dass in Brentjong Abhörsysteme betrieben werden, ist aufgrund der Einrichtungen und der bekannten Aktivitäten selbst für Laien ziemlich offensichtlich. Das sieht auch Gemeindepräsident und Nationalrat Roberto Schmidt von Leuk so. «Ich habe im September 2013 einmal nachgefragt, ob da ein Zusammenhang oder eine Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Geheimdienst NSA besteht. Doch ich erhielt keine Antwort.» In der Gemeinde Leuk und selbst im Gemeinderat ist die Frage nach Spionagetätigkeiten über die Anlagen auf ihrem Territorium kaum ein Thema. Der Gemeinde geht es vielmehr um die Arbeitsplätze und um eine Verhinderung einer Stilllegung. «Unsere Hauptsorge galt in den vergangenen Jahrzehnten eher der wirtschaftlichen Situation der Satellitenbodenstation. Sie wechselte ja aus wirtschaftlichen Gründen mehrmals den Besitzer. Die heutige Besitzerin, Signalhorn, geht zum Glück wieder auf Ausbaukurs. Es werden neue Antennen gebaut. Sie dienen meines Wissens einem langfristigen Projekt im Bereich der meteorologischen Prognosen», sagt Roberto Schmidt.

Er vermutet, dass der schweizerische Nachrichtendienst seine Anlagen in den letzten Jahren ebenfalls ausgebaut hat. «Der Bund erstellte angeblich neue Antennen. Bestätigen kann ich das allerdings nicht. Die Gemeinde weiss nichts Konkretes, denn die Anlagen sind geheim und benötigen weder eine kommunale noch eine kantonale Baubewilligung.»

Kaum Bedenken

In der Gemeinde Leuk und in den Ortschaften in der Region werden keine Bedenken wegen nachrichtendienstlicher Aktivitäten in der Satellitenbodenstation laut. Selbst auf dem Höhepunkt der diversen Abhörskandale gab es keine Kritik. «Das Thema ist wenig brisant. Einerseits ist allen klar, dass jedes Land Spionage betreibt. Das Abhören von Nachrichten und Telefonen kann in der heutigen Zeit mit ihrer wachsenden Zahl von Terroranschlägen sogar mehr Sicherheit bringen. Frühzeitige Informationen aus abgehörten Nachrichten können solche Anschläge unter Umständen vereiteln», stellt Schmidt fest. Die Bevölkerung von Leuk sieht das wohl nicht anders. Für das Meteo-Projekt von Signalhorn hat die Urversammlung der Gemeinde Leuk erst kürzlich ohne grosse Diskussionen eine Umzonung im Gebiet von Brentjong bewilligt.