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500.000 Krebstote zusätzlich Gefährliche Finanzkrise

Hohe Arbeitslosigkeit könnte während der Finanzkrise weltweit zu einer halben Million Krebstoten zusätzlich geführt haben. Besonders groß scheint das Problem da, wo es keine allgemeine Krankenversicherung gibt.

Die globale Wirtschaftskrise hat einer Studie zufolge zwischen 2008 und 2010 weltweit zum Tod von zusätzlich einer halben Million Menschen durch Krebs beigetragen. Zahlreiche Patienten hätten nicht mehr angemessen behandelt werden können, weil sie arbeitslos geworden oder Einschnitte im Gesundheitswesen vorgenommen worden seien, heißt es in der im Magazin "The Lancet" veröffentlichten Studie  des Londoner Imperial College.

Die Wissenschaftler werteten Statistiken der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltbank aus den Jahren 1990 bis 2010 aus. Daten aus 75 Ländern mit einer Gesamtbevölkerung von mehr als zwei Milliarden Menschen flossen in die Analyse ein. Die Forscher wollten wissen, ob Arbeitslosigkeit und schwankende Ausgaben für das Gesundheitswesen die Krebssterblichkeit beeinflusst hatten.

Besonders interessierte sie, ob die Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 bis 2010 die Todesraten im Vergleich zu den Vorjahren verändert hat. Ergebnis: Die Forscher beobachteten, dass jeder weitere Anstieg der Arbeitslosigkeit in dieser Zeit einen Anstieg der Krebstoten nach sich zog.

160.000 zusätzliche Krebsopfer in der EU

Die Zahl der zusätzlichen Krebsopfer in den Mitgliedsländern der Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) schätzen die Forscher auf 260.000. Rechne man die Zahl hoch, könne man weltweit von mehr als 500.000 zusätzlichen Todesopfern durch Krebs ausgehen. Allein in der EU seien schätzungsweise 160.000 Menschen zusätzlich an Krebs gestorben.

Wer hat das finanziert?

Es gab keine externe Finanzierung des Projekts. Die Autoren erklären, frei von Interessenskonflikten zu sein.

Den Zusammenhang zwischen höherer Arbeitslosenquote und mehr Krebstoten fanden die Forscher bei fast allen Krebsarten: Brustkrebs bei Frauen, Prostatakrebs bei Männern, Darmkrebs und Pankreastumoren bei beiden Geschlechtern sowie Lungenkrebs bei Männern. Nur bei Frauen mit Lungenkrebs entdeckten die Wissenschaftler keinen Zusammenhang mit der Arbeitslosenquote.

Schlechte Versicherung, mehr Tote

Als die Forscher die Analyse erneut starteten und dabei berücksichtigen, welche Staaten ihren Bürgern eine allgemeine Krankenversicherung anboten, war der Zusammenhang zwischen steigender Arbeitslosigkeit und steigenden Todesraten nur noch schwach. Je mehr Menschen unabhängig von ihrer beruflichen Situation Zugang zu medizinischer Versorgung haben, desto weniger sterben in Krisenzeiten, schlussfolgern die Forscher.

Wie immer bei Studien dieser Art, lässt sich nicht ausschließen, dass andere Einflussfaktoren als die Finanzkrise die Krebszahlen zwischen 2008 und 2010 nach oben trieben. Die Argumentation scheint in sich jedoch schlüssig. Jeweils ein Prozent weniger Ausgaben für das Gesundheitswesen führte laut Studie zu 0,0053 zusätzlichen Todesfällen pro 100.000 Einwohnern.

"Krebs ist eine der Haupttodesursachen weltweit", sagt Studienautor Mahiben Maruthappu vom Imperial College. "Wir haben herausgefunden, dass ein Anstieg der Arbeitslosigkeit mit einem Anstieg der Krebsmortalität einhergeht." Eine allgemeine Krankenversicherung schütze gegen diese Auswirkungen, insbesondere sei dies bei gut behandelbaren Krebserkrankungen wie Brust-, Prostata- und Darmkrebs zu beobachten.

jme/AFP