FCSG-Mittelfeldspieler Jordi Quintillà: «Mir war klar, dass ich die Fähigkeiten für einen Stammplatz habe»

Der neue Mittelfeldspieler Jordi Quintillà hat an der Seite von Lionel Messi trainiert und gespielt. Doch die Träume des jungen Spaniers platzten. Danach wählte Quintillà einen unkonventionellen Weg. Am Sonntag um 16 Uhr trifft er mit St.Gallen zu Hause auf Luzern.

Patricia Loher
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Jordi Quintillà hat in St.Gallen einen Vertrag bis Sommer 2020 unterschrieben. (Bild: Urs Bucher)

Jordi Quintillà hat in St.Gallen einen Vertrag bis Sommer 2020 unterschrieben. (Bild: Urs Bucher)

Wer wusste vor Jordi Quintillàs Engagement in St.Gallen, dass in Puerto Rico professionell Fussball gespielt wird? Quintillà kam nach einem Engagement in der Karibik, von einem Club der zweithöchsten nordamerikanischen Liga, in die Schweiz. Viele in St.Gallen waren skeptisch: Wird er eine Verstärkung oder bloss einer von vielen sein? Doch der 24-Jährige kam, spielte immer und hat bis anhin mit einer feinen Technik sowie seinem guten Auge überzeugt. «Ich kann ihn nur loben», sagt sein Trainer Peter Zeidler. «Quintillà verfügt über eine gute Spielintelligenz.» Der Mann, der aus dem fernen Puerto Rico nach St.Gallen wechselte, hat sich auf Anhieb gegen gestandene Konkurrenz durchgesetzt. «Mir war klar, dass ich die Fähigkeiten für einen Stammplatz habe», sagt er.

«Man lebt in einer Blase»

Der in Lleida aufgewachsene Quintillà hatte einst grosse Träume. Die Aufnahme in die Nachwuchsabteilung des FC Barcelona war ein Erfolg, der junge Mann kam weit. Er trainierte unter Pep Guardiola und mit Lionel Messi.Vor fünf Jahren bestritt St.Gallens neuer Spieler mit den Spaniern eine Testpartie gegen Bayern München. Die Tür zur glitzernden Fussballwelt stand offen. «Die Partie in München neben Messi war ein Höhepunkt in meiner Karriere», sagt Quintillà.

Wenige Monate später aber schlugen die Türen zu. Die Verantwortlichen des FC Barcelona teilten dem Spieler in einem Brief mit, dass er den Sprung nicht schaffen würde. «Als Spieler des FC Barcelona lebt man in einer Blase. Man bekommt nicht mit, wie das Leben wirklich ist. Wenn diese Blase platzt, fällt es vielen schwer, sich neu zu orientieren», so Quintillà. Er erzählt vom Leben spanischer Fussballer, die den Durchbruch nicht schaffen, vom Leben abseits der grossen Clubs wie Barcelona und Real Madrid. «Sie spielen für einen Lohn, mit dem sie ihre Familien kaum ernähren können.» Auch der Mittelfeldspieler war in untere Ligen ausgeliehen worden, doch er wollte sich dieses Profileben am Existenzminimum ersparen, das Tingeln durch kleine, wenig gut erhaltene Stadien. Also ging er nach Frankreich in die zweithöchste Liga, nach Korsika zu Ajaccio. Es folgte die Station Kansas City in der Major League Soccer. Mit dem Club gewann Quintillà 2015 gegen Philadelphia und seinen jetzigen Teamkollegen Tranquillo Barnetta im Penaltyschiessen den Cup. Den letzten, entscheidenden Elfmeter hatte der Spanier verwertet.

Es gefiel dem Europäer in den USA. Der Mittelfeldspieler hatte einen Vierjahresvertrag unterschrieben. Doch schon bald musste er erneut erkennen, wie unberechenbar das Fussballgeschäft ist.

«Ich hatte mir ein Haus gekauft, ein Auto und einen Hund. Doch dann wurde mir gesagt, dass man nicht mehr auf mich zählt.»

Wenn es als Profifussballer Schattenseiten gebe, seien es für ihn diese Unwägbarkeiten. «Aber ich habe gelernt, von Tag zu Tag zu leben und nicht zu weit vorauszuschauen.» Das Einzige, das im Leben des Spaniers derzeit planbar ist, sind Trainings und Spiele mit dem FC St.Gallen und sein Fernstudium in Sportwissenschaft an der Universität von Barcelona.

Quintillà ist ein weltoffener Fussballer, der sich nicht hinter Phrasen versteckt und gerne Bücher liest. Er hat von den Stationen in Frankreich und den USA profitiert. Der Spanier eignete sich in wenigen Monaten Französisch und Englisch an. In St.Gallen besucht er mit fünf Teamkollegen einen Deutschkurs. Man hört, Quintillà sei stets der Erste, der zu den Lektionen erscheine.

Quintillàs Ersatzmutter in der Nachwuchsakademie

Manchmal beklagt sich Quintillàs Mutter, wenn sich der Sohn wieder aufmacht zu einer neuen Destination ausserhalb von Spanien. «Doch dann sage ich ihr: Ich lerne eine neue Kultur kennen und eine neue Sprache. Dabei kann ich meinem Job nachgehen und bekomme dafür erst noch Geld. Dann ist sie jeweils beruhigt.» Aus St.Gallen meldet der Fussballer in die Heimat, dass man sich in der Schweiz gut um ihn kümmert. Quintillà erwähnt dabei vor allem Irene Pimenta, die Köchin in der Nachwuchsakademie, wo die Spieler essen und neue Akteure zu Beginn untergebracht werden: «Sie ist meine Ersatzmutter geworden.»

Mit den französischsprechenden Teamkollegen versteht sich der Spanier am besten, sie verabreden sich in St.Gallens Altstadt oder auch in Zürich. «So verbessert sich auch mein Französisch weiter.»