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Europa Klinikkeime verursachen 2,6 Millionen Infektionen

In Europa sterben nach einer Studie jedes Jahr etwa 91.000 Menschen, weil sie sich in einem Krankenhaus eine Infektion eingefangen haben. Auch in Deutschland ist die Zahl der Betroffenen hoch.
MRSA-Keime in einer Petrischale

MRSA-Keime in einer Petrischale

Foto: FABRIZIO BENSCH/ REUTERS

Ins Krankenhaus kommen Patienten, um wieder gesund zu werden. Manchmal passiert das Gegenteil: Sie stecken sich in der Klinik mit einem Krankheitserreger an. In Europa passiert das pro Jahr 2,6 Millionen Mal, schätzen Forscher im Fachblatt "Plos Medicine" . 91.000 Menschen sterben laut der Studie an den Folgen dieser sogenannten nosokomialen Infektionen.

Wie ist die Lage in Deutschland?

Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland insgesamt 19,2 Millionen Patienten stationär behandelt. Petra Gastmeier, Direktorin des Nationalen Referenzzentrums zur Überwachung von Krankenhausinfektionen an der Berliner Charité, schätzt, dass sich jährlich 500.000 von ihnen mit Krankenhauskeimen infizieren. Bis zu 15.000 Patienten sterben in der Folge.

In Europa haben die Krankenhausinfektionen laut der Studie gravierendere Folgen als 32 andere Infektionskrankheiten zusammen, deren Schaden das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ebenfalls genauer beziffert hat. Auf jener Liste  finden sich unter anderem die Grippe, Hepatitis A, B und C, Tuberkulose und HIV.

Die sechs häufigsten Klinikinfektionen

Dabei bewertete das Wissenschaftlerteam, zu dem auch Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts in Berlin gehörten, nicht alle Krankenhausinfektionen. Sie konzentrierten sich auf die sechs häufigsten Krankheitsbilder, die zusammen gut 90 Prozent der Krankenhausinfektionen ausmachen:

  • Lungenentzündungen,
  • Harnwegsinfekte,
  • Wundinfektionen nach Operationen,
  • Infektionen mit dem Durchfallerreger Clostridium difficile,
  • Blutvergiftung (Sepsis)
  • Sepsis bei Neugeborenen.

Lungenentzündungen und Sepsis-Fälle seien zusammen für rund zwei Drittel der 91.000 Todesfälle verantwortlich, schreiben die Wissenschaftler.

Die Daten  stammen vom ECDC und wurden 2011 bis 2012 in 30 europäischen Ländern (die 28 EU-Staaten sowie Norwegen und Island) mit 510 Millionen Einwohnern erhoben. Zwischen multiresistenten Keimen, die auf manche Antibiotika nicht mehr ansprechen und nicht resistenten Erregern wurde in der Untersuchung nicht unterschieden - Probleme bereiten sie alle.

Wie lassen sich Krankenhausinfektionen vermeiden?

Erkranken Patienten am ersten oder zweiten Tag in der Klinik, seien das meist mitgebrachte Infektionen, sagt Gastmeier. "Ab Tag drei gilt es als Krankenhausinfektion." Das bedeute aber nicht, dass automatisch Klinikmitarbeiter die Schuld daran trügen.

Denn die Gründe für diese Infektionen sind vielfältig. Patienten im Krankenhaus benötigen oft invasive Untersuchungen oder Therapien, zum Beispiel bekommen sie Katheter gelegt oder werden an Beatmungsgeräte angeschlossen. "Das alles sind Eintrittsschienen für Erreger in den Körper", sagt Gastmeier. Die Bakterien müssen nicht immer aus der Umgebung stammen. So können etwa auch Keime, die auf der Haut des Patienten leben, über einen Katheter in den Körper gelangen und dann eine Krankheit auslösen.

Experten wie Gastmeier schätzen: Etwa ein Drittel der Krankenhausinfektionen wären vermeidbar. Ein wichtiger Punkt hierbei ist die Hygiene, etwa die gründliche Desinfektion der Hände. Weiterbildungen fürs Personal zählen ebenso zu den möglichen Maßnahmen wie ein Test der Patienten auf multiresistente Keime vor geplanten Klinikaufenthalten.

Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene plädiert bereits seit Jahren dafür, mehr Geld in Gebäude und Ausstattung von Krankenhäusern zu investieren und mehr Personal, insbesondere auf Intensivstationen, zu ermöglichen.

Mit Material von dpa