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Studie Europa versagt bei der Elektroschrott-Entsorgung

Wer seinen alten PC bei der Annahmestelle abgibt, ist beruhigt: Der Elektroschrott ist korrekt entsorgt. Doch eine Studie unter der Leitung von Interpol zeigt, dass in Europa nur ein Drittel aller Altgeräte dort landet, wo sie hin sollen.
Elektroschrott Leiterplatten: Lukratives Geschäft mit dem Müll

Elektroschrott Leiterplatten: Lukratives Geschäft mit dem Müll

Foto: Marijan Murat/ dpa

9,5 Millionen Tonnen elektrische und elektronische Geräte landen in Europa jedes Jahr im Müll.

Laut Gesetz müssen Elektroschrott und noch funktionsfähige Geräte gesammelt, fachgerecht entsorgt oder wiederverwertet werden - die Umsetzung aber funktioniert offenbar nicht, wie eine aufwendige Studie  jetzt zeigt.

Die Kernfrage der Untersuchung: Wie gut greift die Elektro- und Elektronik-Altgeräte-Richtlinie (WEEE-Richtlinie), die seit 2003 in Europa den Umgang mit dem E-Schrott regelt?

Verantwortlich für die Umsetzung sind die EU-Mitgliedstaaten selbst. Zwei Jahre lang haben sieben Organisationen (darunter zwei Uno-Institutionen) unter Führung von Interpol und finanziert von der EU recherchiert, was mit den ausrangierten Radios, Handys oder Kühlschränken geschieht. Jetzt liegt der Bericht vor, und das Ergebnis ist ernüchternd.

Nur gut ein Drittel (3,3 Millionen Tonnen) der Altgeräte landet der Untersuchung zufolge in den offiziellen Sammel- und Recyclingeinrichtungen. Die restlichen mehr als sechs Millionen Tonnen werden anders entsorgt:

  • unter nicht ordnungsgemäßen Bedingungen recycelt (3,15 Millionen Tonnen),

  • wertvolle Teile ausgeschlachtet (750.000 Tonnen),

  • in den Hausmüll geworfen (750.000 Tonnen),

  • exportiert (1,5 Millionen Tonnen, davon 1,3 Millionen undokumentiert).

Rund 400.000 Tonnen der Ausfuhren sind reiner Elektroschrott; über die Zielländer steht in der Untersuchung nichts, aber ein großer Teil dürfte in afrikanischen Staaten wie Ghana (siehe Fotostrecke) und Nigeria oder in China landen.

Foto: SPIEGEL ONLINE

Dort sind ganze Regionen mit Bergen der mitunter hochgiftigen alten Computer, Fernseher oder Kühlgeräten verseucht - mit katastrophalen Folgen für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen.

Interessant ist außerdem eine weitere, viel größere Zahl: Insgesamt mehr als 4,5 Millionen Tonnen werden innerhalb der EU verschoben - illegal und falsch deklariert.

Fotostrecke

Elektroschrott: Kinder auf dem Giftplatz

Foto: AP/dpa

Der Grund dafür: In den Geräten stecken wertvolle Rohstoffe und Komponenten. Kein Wunder also, dass der Untersuchung zufolge in einigen Ländern auch das organisierte Verbrechen an der Verschiebung von Elektroschrott beteiligt ist. Die Autoren schätzen die entgangenen Einnahmen durch die Rohstoffe für die EU-Staaten auf bis zu 1,7 Milliarden Euro jährlich.

Zudem sparen Hersteller und Recyclingunternehmen durch die illegale Entsorgung mit bis zu 600 Millionen Euro im Jahr viel Geld.

Der Interpol-Projektkoordinator David Higgins bezeichnet den Handel mit Elektroschrott als eine "hoch profitable Aktivität mit einem geringen Risiko, entdeckt zu werden". Die sieben an der Studie beteiligten Organisationen kritisieren, dass 30 Prozent der EU-Staaten die neusten Vorgaben der WEEE-Richtlinie noch nicht umgesetzt haben und dass die Strafen viel zu niedrig seien, um abschreckend zu wirken.

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