Zum Inhalt springen

Eisiges Ökosystem Arktische Tiefsee wimmelt von Leben

In der arktischen Tiefsee haben Forscher eine enorme Vielfalt von Lebensformen entdeckt, darunter Arten, die nie zuvor beobachtet wurden. Zugleich aber befürchten die Wissenschaftler eine Zerstörung des einzigartigen, isolierten Ökosystems im Kanadischen Becken.

Es ist eine unwirtliche Gegend: 3000 Meter unter der Wasseroberfläche im eisigen Wasser der arktischen Tiefsee herrscht immerwährende Dunkelheit. Ohne Licht, unter enormem Wasserdruck und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt können sich Pflanzen nicht entwickeln.

Dennoch hat sich in den Tiefen des Kanadischen Beckens vielfältiges Leben angesiedelt: "Wir waren überrascht von der Fülle und Verschiedenheit der Lebensformen in dieser Umgebung", sagt Rolf Gradinger von der University of Alaska. Die Forscher stießen bei ihrer Expedition auf Seegurken, Quallen und Krustentiere, selbst in 3000 Metern Tiefe.

Einige der nun entdeckten Arten seien noch völlig unbekannt, sagte Gradinger auf einer Pressekonferenz. Unter anderem fanden die Forscher eine neue Quallenart und drei verschiedene Gattungen von Borstenwürmern. Das Team verzeichnete außerdem ungewöhnlich viele Dorsche, Kalmare, Tintenfische und Floh-ähnliche Krustentiere.

Mit Tauchrobotern und Sonar hatte das Wissenschaftlerteam ein Gebiet des Kanadischen Beckens durchforstet, das an einigen Stellen bis zu 5000 Meter tief ist. Von steilen Felsen umschlossen und mit Eis bedeckt, ist die erforschte Meeresregion nahezu isoliert und gilt als einzigartiges Ökosystem.

Durch die globale Klimaerwärmung sei diese Lebenswelt jedoch in Gefahr, befürchten die Forscher. Tiere aus südlicheren Gewässern könnten bei steigenden Temperaturen in die arktische Tiefsee eindringen und das Ökosystem zerstören.

Die Wissenschaftler, deren Forschungsprogramm "10-Year Global Census of Marine Life" auf dem US-Eisbrecher "Healy" mit einer Milliarde Dollar von Regierungen, Unternehmen und privaten Spendern finanziert wird, kehrten jetzt mit tausenden von Proben zurück. In 30 Tagen hatte die "Healy" die Tschuktschensee nordöstlich Sibiriens, die kanadische Beaufort-See und das Kanadische Becken angesteuert, um Material zu sammeln.

"Unsere Forschung ist ein Bezugspunkt. Wir hoffen, dass sie in den nächsten Jahrzehnten wiederholt wird, um herauszufinden, welche Änderungen sich in dem Ökosystem ergeben haben", sagte Gradinger. Das Team erhofft sich durch die Daten auch Aufschluss über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Meere. Nach einer Studie der Vereinten Nationen könnte die Arktis im Jahr 2100 größtenteils eisfrei sein.

Das internationale Forscherteam amerikanischer, kanadischer, russischer und chinesischer Wissenschaftler plant nun weitere Forschungsreisen in den Südlichen Ozean, der die Antarktis umgibt. Die Lebensbedingungen dort seien viel weniger beständig als im kanadischen Becken, erklären die Meeresbiologen.

In dieser Meeresregion würden sich antarktische Nährstoffe mit Lebensformen des pazifischen, indischen und des atlantischen Ozeans vermischen. "Der Südliche Ozean verteilt diese dann wie eine Zentrifuge", beschreiben die Wissenschaftler den Effekt in einer Erklärung. Im Dezember 2007 soll das geplante Projekt starten, 200 Forscher aus 30 Ländern werden an der Expedition beteiligt sein.

Mehr lesen über